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Neben dem sogenannten „Marchfeldkogel“, einer Hügeldeponie mit einem Flächenausmaß von etwa 112 Hektar und einer in Aussicht genommenen Maximalhöhe von 40 Metern (Verfüllvolumen: Rund 10 Mio. Kubikmeter Bodenaushub ohne bzw. etwa 15 Mio. Kubikmeter mit Verfüllung eines „Canyons“ sowie etwa 10,6 Mio. Kubikmeter Baurestmassen) sind derzeit zwei weitere Deponiehügel-Projekte in Markgrafneusiedl eingereicht worden, eines („Abbaufeld Kies IV“) mit einer Fläche von ca. 22,6 Hektar und einer Maximalüberhöhung von 25 Metern (Verfüllvolumen: Etwa 1 Mio. Kubikmeter Bodenaushub und rund 3,2 Mio. Kubikmeter Baurestmassen), weiters die „Deponie Kleeblatt“ mit einem in Aussicht genommenen Flächenausmaß von rund 44 Hektar und einer Überhöhung im Ausmaß von maximal 14 Metern über dem ursprünglichen Gelände (Verfüllvolumen: Rund 1 Mio. Kubikmeter Bodenaushub sowie ca. 3 Mio. Kubikmeter Baurestmassen).

Die NÖ Umweltanwaltschaft erachtet diese Vorhaben als „nicht umweltverträglich“ – und zwar aus nachstehenden Gründen:

  • Es gibt im Marchfeld ohnehin genügend „Gruben“, also offene Materialgewinnungsstätten, die im Laufe der Zeit und jedenfalls vor der Errichtung von Hügeldeponien auf das ursprüngliche Geländeniveau zu verfüllen sind.
  • Durch eine zeitlich frühere Verfüllung der Hohlräume auf das ursprüngliche Niveau könnte die Staubbelastung reduziert werden, was eine spürbare Entlastung für die ortsansässige Bevölkerung bedeuten würde.
  • Der vorherrschende Wind im Marchfeld würde den Staub des Deponiegutes bei hügelförmiger Deponieerrichtung „weit ins Land“ tragen, womit die derzeitige Belastung für die ortsansässige Bevölkerung noch vergrößert werden würde.
  • Durch die Verwirklichung der Hügeldeponien würde eine Fläche von gesamt fast 180 Hektar dauerhaft der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen (Flächenfraß).
  • Das Marchfeld ist eine flache und offene Landschaft, vor allem geprägt von landwirtschaftlichen Nutzungen, und nicht etwa die Bucklige Welt. Durch die Realisierung der Vorhaben würde der gebietstypische Landschaftscharakter wesentlich verändert und somit das Landschaftsbild in auffälliger Weise dauerhaft negativ verändert werden.

Es ist festzuhalten, dass es absolut nichts Ehrenrühriges, sondern aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen sogar ein gebotenes Verhalten darstellt, wenn die im Marchfeld tätigen Unternehmen danach streben, sich vorab zusätzliche Deponierungsvolumina – vor allem für Baurestmassen – für Jahrzehnte zu sichern, zumal die rege Abbruch- und Bautätigkeit in Wien einen entsprechenden Bedarf nahelegt.

Aus weiter oben angeführten Gründen kann jedoch aus Sicht der NÖ Umweltanwaltschaft keinesfalls von umweltverträglichen Vorhaben gesprochen werden. Zudem ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass sich im Marchfeld in den letzten Jahrzehnten eine fragile Balance zwischen wirtschaftlichen Nutzungen einerseits und der Lebensqualität der ebendort beheimateten Bevölkerung andererseits etabliert hat – ein sehr labiles Gleichgewicht, dass durch die Realisierung der nunmehr geplanten „Hügeldeponie“-Vorhaben massiv ins Kippen käme und aus Perspektive der dort lebenden Menschen unverhältnismäßige Belastungen für viele weitere Jahrzehnte bedingen würde.

Die NÖ Umweltanwaltschaft gibt in diesem Zusammenhang zur Thematik „Baurestmassen-Recycling“ generell zu bedenken:

Die Europäische Union strebt zum Erreichen der Klimaschutzziele, zur Verringerung der Umweltbelastung und für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung eine Reformierung der europäischen Wirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft an. In ihrer Natura 2000-Richtlinie fordert die Europäische Kommission den Schutz der Biodiversität, wobei vorrangig der zu hohe Landschaftsverbrauch eingeschränkt werden muss.

Bezüglich der Vermeidung von Abfällen sieht die 2010 in Kraft getretene europäische Abfallrahmenrichtlinie verbindliche Recyclingquoten für die Staaten der Europäischen Union vor. Die Recyclingquote soll bei Bau- und Abbruchabfällen bis zum Jahr 2020 auf durchschnittlich 70 Prozent des Abfallaufkommens gesteigert werden. Ziel ist es, aus Bauabfällen hochwertige Bauprodukte im Sinne eines geschlossenen Kreislaufes zu erzeugen.

Die Europäischen Staaten sind aufgefordert, die Verwendung von Recycling-Baustoffen zu fördern, um die Mindestrecyclingquote von 70 Prozent bei mineralischen Bauabfällen zu gewährleisten.

Hierdurch wird die Umwelt in mehrfacher Hinsicht geschützt:

  • Es wird der Landschaftsverbrauch einerseits durch die Reduzierung der Deponieflächen verringert, andererseits stellen hochwertige Recycling-Baustoffe einen gleichwertigen Ersatz für Naturbaustoffe dar und tragen auch durch die entsprechende Reduzierung von Abbauflächen und -gruben zur Landschaftsschonung bei.
  • Durch das Recycling der Baustoffabfälle vor Ort oder in der näheren Region werden große Mengen Kohlendioxid eingespart, die ansonsten durch den Abtransport der Abfälle und Antransport der Naturbaustoffe über oftmals große Entfernungen freigesetzt würden. Damit vermag das Baustoff-Recycling auch einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
  • Diese Vorteile lassen sich auch finanziell bewerten und führen zu einem weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil der Kostenreduktion. Insbesondere in der aktuellen Wirtschaftskrise ist die Reduzierung der Kosten für den nachhaltigen Haushalt jeden Landes, jeder Stadt oder Kommune zwingend notwendig.
  • Nachhaltiges Wirtschaften bedeutet, qualitatives Wachstum ohne Belastung der Umwelt zu erzielen. Baustoff-Recycling verbindet idealerweise wirtschaftliches Wachstum mit Umweltschutz und schafft Arbeitsplätze. Es kann abgeschätzt werden, dass durch die konsequente Trennung der Baurestmassen und das Recycling mineralischer Abfälle in einer Größenordnung von jährlich 900 Mio. Tonnen in Europa bis zu 50.000 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert werden können.
  • Als weiterer positiver volkswirtschaftlicher Effekt sind die gegenüber dem Einsatz von Naturbaustoffen mit der Verwendung von Recycling-Baustoffen verbundenen Kostenvorteile bei Infrastrukturmaßnahmen zu sehen. Gerade bei großen Verkehrsprojekten wie etwa der Erneuerung von Fernstraßen und Autobahnen stellt das Recycling der Altbeläge die weitaus wirtschaftlichste und auch die ökologisch vertretbarste Lösung dar.

Und wie fördert nun Österreich die Verwendung von Recycling-Baustoffen?

Die entsprechende „Baustoffrecycling-Verordnung“ des Bundes, die im Wesentlichen am 1. Jänner 2016 in Kraft getreten ist, wird von der Wirtschaft als „Recyclingkiller“ bezeichnet (nicht wirtschaftlich darstellbar, zu wenige Produkte, zu rigide in den Prüfpflichten, zu bürokratisch). Demnach seien aufgrund der kleinen Zahl von Produkten überhaupt nur sehr geringe Recyclingquoten erzielbar und führten eine bürokratische und kostenintensive Administration und Kontrolle sogar dazu, dass das bislang funktionierende Recycling von Baurestmassen wirtschaftlich nicht mehr darzustellen wäre.

Es besteht demnach großer Handlungsbedarf für den österreichischen Gesetzgeber, um die EU-Vorgaben zum Baurestmassen-Recycling erreichen zu können – und es darf keinesfalls passieren, dass Baurestmassen aufgrund unzulänglicher Regelungen nur mehr bzw. überwiegend deponiert werden. Die „Deponiehügel“-Vorhaben in Markgrafneusiedl zeigen bereits jetzt, wohin die Reise gehen könnte…